Diese Aussage höre ich leider oft von meinen Mandant/-innen. Mal voller Überzeugung ausgesprochen, mal als Frage – leider muss ich in jedem Fall erklären, dass das nicht stimmt.
Ich frage mich oft, woher dieser Mythos des Arbeitsrechtes eigentlich kommt.
In der Bundesrepublik Deutschland gab es jedenfalls noch nie ein gesetzliches Verbot, erkrankte Arbeitnehmer/-innen während der Arbeitsunfähigkeitsphase zu kündigen.
Anders war das zum Beispiel in der ehemaligen DDR , nach deren Arbeitsgesetzbuch (§ 58 d) war die Kündigung von Werktätigen während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit, während Quarantäne sowie während des Erholungsurlaubs tatsächlich ausgeschlossen; wer arbeitsunfähig war, konnte also grundsätzlich nicht gekündigt werden.
Heute und hier ist aber Krankheit im Grundsatz sogar einer der klassischen Kündigungsgründe, vor denen auch das Kündigungsschutzgesetz nur begrenzt schützt.
Das bedeutet nun nicht, dass man wegen jeder Erkältung gleich gekündigt werden kann. Im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) darf ein/e Arbeitnehmer/-in, die länger als 6 Monate im Betrieb / Unternehmen beschäftigt ist, nur dann gekündigt werden, wenn das sozial gerechtfertigt ist.
Dafür gibt es dann erstmal 3 Bereiche – eine Kündigung kann betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt sein (§ 1 KSchG).
Die krankheitsbedingte Kündigung ist im Grunde das klassische Beispiel für eine personenbedingte Kündigung:
Mir fehlt jetzt eine Eigenschaft, die ich brauche, um meinen vertraglichen Pflichten nachzukommen. Es kann z.B. sein, dass der Arbeitsvertrag vorsieht, dass ich Nachtschicht arbeiten muss, ich habe davon aber so starke Schlafstörungen bekommen, dass ich ein ärztliches Attest habe, nach dem es wichtig ist, dass ich nur noch in der Tagschicht arbeite.
Aber Achtung – wenn ich jetzt gleich die Kündigung bekomme, ist die vermutlich nicht in Ordnung. Personenbedingt, wegen Krankheit, darf ich nur dann gekündigt werden, wenn es
1.) eine negative Zukunftsprognose gibt
2.) die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers durch meine Erkrankung stark beeinträchtigt werden und
3.) zum Schluss eine Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Lasten der / des Arbeitnehmer/-in ausfällt.
Das sind hohe Hürden, die das BAG in ständiger Rechtsprechung aufgebaut hat, um die Arbeitnehmer/-innen vor unberechtigten Kündigungen zu schützen.
Fazit: Weder bin ich während der Erkrankung davor gefeit, eine Kündigung zu bekommen, noch ist jede Erkrankung ein Kündigungsgrund.
Es kommt drauf an, wie wir Jurist/-innen sagen.
Und worauf kommt es an? Auf die Umstände des Einzelfalles, die wir uns gern in einem individuellen Beratungsgespräch ansehen können, wenn Sie das Thema betrifft.
Aber ganz wichtig:
§ 4 KSchG verlangt, dass eine eventuelle Klage gegen eine Kündigung innerhalb einer 3 Wochen Frist beim Arbeitsgericht eingegangen sein muss. Sonst wird auch eine eigentlich unwirksame Kündigung wirksam. Also, bitte nicht trödeln, wenn eine Kündigung im Briefkasten liegt, sondern gleich einen Termin ausmachen.
Und wenn die 3 Wochen schon (fast) rum sind, weil man z.B. wegen einem Unfall im Krankenhaus war und von der Kündigung nichts wusste? Dann um so schneller einen Termin ausmachen, um rauszufinden, ob noch was zu retten ist. In seltenen Fällen geht dann auch später noch was (§ 5 KSchG).